Stürzt die EU heute endgültig in die Krise?

Stürzt die EU heute endgültig in die Krise?

Was, wenn Italien das Referendum ablehnt? Und wenn Norbert Hofer in Österreich gewinnt? Diese Szenarien sind möglich.

Mit Spannung wird das Referendum zur italienischen Verfassungsreform erwartet. Ebenso gespannt blickt Europa auf Österreich, wo – nach mehrmaligem Aufschub – ebenfalls diesen Sonntag ein neuer Bundespräsident gewählt wird.

Beide Abstimmungen betreffen stark nicht nur diese beiden Länder selbst, sondern haben auch grosse Auswirkungen auf die Europäische Union. 20 Minuten hat mit zwei EU-Experten über mögliche Folgen gesprochen. Sie halten diese Szenarien für denkbar:

Der grosse EU-Schock: Hofer wird gewählt

In Österreich liefern sich Norbert Hofer (FPÖ) und Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Sollte Hofer gewinnen, so wäre das nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Julian Rappold von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik ein weiterer Schock für die EU. «Die Union befindet sich in einer Phase der Schwäche durch die vielen Krisen und wird von Selbstzweifeln und Populismus geplagt», so der Politologe. Allerdings, gibt Rappold zu bedenken, wäre Hofer nur Repräsentant seines Landes.

Auch Frank Schimmelfennig von der ETH Zürich betont, dass Hofer nur begrenzte Befugnisse hätte. «Unmittelbare Auswirkungen auf die EU wird die Wahl nicht haben. Viel wichtiger werden die österreichischen Parlamentswahlen.» Doch eine Wahl Hofers wäre ein weiteres Zeichen für das Erstarken des Rechtspopulismus in der EU, so Schimmelfennig.

Die grosse Erleichterung: Van der Bellen wird Bundespräsident

Gewinnt Alexander Van der Bellen, so würde das innerhalb der EU sicher mit Erleichterung aufgenommen werden, glaubt Politikwissenschaftler Rappold. Dann «hätte sich die stille Mehrheit für die Vernunft entschieden». Allerdings müsse man angesichts des knappen Kopf-an-Kopf-Rennens bedenken, dass ein signifikanter Bevölkerungsanteil in Österreich die rechtspopulistischen Positionen Hofers gutheisse.

Unwahrscheinlich: Die Wahl wird erneut verschoben

Die Bundespräsidentenwahl sollte eigentlich im Oktober wiederholt werden, nachdem die Stichwahl im Mai wegen einer Klage der FPÖ aufgehoben wurde. Im Oktober wurde die Wahl wieder vertagt – wegen defekter Klebestreifen auf den Wahlumschlägen. Ob die Wahl dieses Mal wie geplant stattfindet, gehöre «ins Reich der Spekulation», sagt Politologe Schimmelfennig. Er gehe aber davon aus, dass dieses Mal wirklich gewählt wird.

Neuauflage der Krise: Italien-Referendum wird abgelehnt

Sollten die italienischen Wähler das Referendum ablehnen, sind sich beide Experten einig: Das würde eine Phase der politischen Instabilität bedeuten, sowohl für Italien als auch für die EU. Wenn Premierminister Matteo Renzi – wie im Falle einer Niederlage angekündigt – zurücktrete, verliere die EU einen europafreundlichen Staatschef, so Schimmelfennig. Entweder stünden dann Neuwahlen an oder es komme zu einer technokratischen Regierung wie unter Mario Monti.

Rappold befürchtet bei einer Niederlage eine Kettenreaktion mit unvorhersehbaren Folgen. «Bei Neuwahlen könnte die rechtspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung die alleinige Regierungsverantwortung bekommen. Das wäre fatal für die EU», so Rappold. Schlecht wäre die Niederlage wohl auch für den angeschlagenen italienischen Bankensektor, dessen Erholung durch die neue Unsicherheit gebremst werden würde. Schimmelfennig fürchtet gar eine Neuauflage der Eurokrise.

Der EU-Wunsch: Italien-Referendum wird angenommen

«Würde das Referendum angenommen, bliebe die politische Stabilität für Italien und die EU gewahrt, weil Renzi ein verlässlicher Partner ist», sagt ETH-Experte Schimmelfennig. Das gäbe Anlass für gemässigten Optimismus. Renzi wäre gestärkt, könnte aber dennoch vorgezogene Neuwahlen ansetzen, um sich zu legitimieren. Allerdings, so gibt Rappold zu bedenken, habe Renzi während seines Wahlkampfes vermehrt auch populistische und europakritische Töne angeschlagen. Wie weit er diesen Anti-EU-Kurs fortführen werde, müsse man sehen.

Quelle 20 Minuten

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