Am Sonntagabend erschütterte eine Explosion in einem Wohngebäude Istanbul. Drei Menschen kamen dabei ums Leben. Wie sich nun herausgestellt hat, war der Verantwortliche 1998 auch der Täter in einem aufsehenerregenden Vierfachmord in der Schweiz.
Der Berner Safari-Mord war einer der grössten Kriminalfälle der Schweiz. Am 27. Juli 1998 wurden in dem Tearoom der kurdische Wirt, zwei türkische Mitarbeitende sowie ein Schweizer erschossen. Die Behörden gingen davon aus, dass der Anschlag wohl dem Wirt galt. Erst 2012 wurde der Täter Mustafa K. in der Türkei festgenommen und 2014 verurteilt. 2019 kam er wieder auf freien Fuss. Nun sprengte er bei einem missglückten Racheakt seine Wohnung in die Luft. Die Bombe baute er, um seine Familie anzugreifen, wie «T24» schreibt.
Er wollte seine Familie aus Rache in die Luft sprengen
Im Gefängnis absolvierte Mustafa K. eine Lehre als Spengler und zog nach seiner Freilassung in ein Haus, in dem auch Anvarjon K., ein Arbeitskollege von Mustafa K., mit seiner Familie in einer anderen Wohnung lebte. Die zehnjährige Tochter von Anvarjon K. und sein 68-jähriger Vater starben bei der Explosion. Anvarjon sagte danach, dass Mustafa K. ihm zuvor erzählt habe, dass er sich an seiner eigenen Familie rächen wolle. Wegen eines Hinweises seines Bruders war er nämlich 2012 festgenommen worden.
Er habe Schiesspulver aus Feuerwerkskörpern entleert und versucht, die Lunte zu entfernen. Das Schiesspulver sei überall verteilt gewesen, so «T24». Die Zündschnur fing plötzlich Feuer, als er bemerkte, dass er es nicht löschen konnte, versuchte er zu fliehen. Es kam jedoch zu mehreren Explosionen, wobei die Wände des Gebäudes einstürzten. Chemische Flammen griffen zudem auf benachbarte Gebäude über.
Safari-Mord hielt die Schweizer Polizei lange auf Trab
Wenige Tage nach der Tat in Bern 1998 fanden die Ermittler Waffen, ein Sturmgewehr der Marke Kalaschnikow konnte eindeutig als Tatwaffe identifiziert werden. Mustafa K. geriet unter Verdacht, konnte sich aber vor dem Zugriff der Polizei ins Ausland absetzen. Die Ermittlungen gestalteten sich zäh. Jahre später brachte eine DNA-Spur die Ermittler auf die Fährte des in der Türkei lebenden Mannes. Dort wurde er 2012 gefasst.
Das Gericht in Istanbul sprach den Mann 2014 wegen Mordes schuldig. «Mustafa K. wurde nach Schweizer Recht zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt», sagt Veronika Hartmann, die für 20 Minuten vor Ort war. Nach türkischem Recht hätte der Täter viermal lebenslänglich erhalten, wie der Richter in Istanbul ausgeführt habe. Weiter profitiert der Verurteilte von einer Generalamnestie, zehn Jahre seiner Strafe wurden abgezogen. Mustafa K. konnte daher nach einigen Jahren wieder freikommen.
«Die Opferfamilie ist geschockt, sie empfindet die Strafe als zu mild», so Hartmann. «Wäre der Täter nach türkischem Recht verurteilt worden, wäre er nie mehr freigekommen», sagte der Anwalt der Opferfamilie, Yetkin Geçer. «Er bleibt wohl nur zehn Jahre in Haft – für einen Vierfachmord ist dies ein Witz.» Wie sich später zeigte, wurde Mustafa K. sogar schon nach fünf Jahren aus der Haft entlassen.