Die Amokläufe an den Hochschulen der USA

Eine Bewertung von Prof. Dr. Kudret BÜLBÜL, dem Dekan der Fakultät für Politikwissenschaften der Yıldırım Beyazıt Universität zu Ankara.

Die Amokläufe an den Hochschulen der USA

Der zur Zeit in den US-amerikanischen Städten begonnene Marsch, der sich womöglich wellenartig in die ganze Welt ausbreiten wird, heißt  „Laufe für Dein Leben (MarchForOurLive).“ An der Protestkundgebung  am Samstag in Washington DC gegen die Amokläufe in den US-Hochschulen nahmen überwiegend Jugendliche etwa 500 Tausend Menschen teil.  Das Transparent, das mit dem Schriftzug „Ich kann in die Schule nicht einmal Schokokrem mitbringen, Nein gegen Waffen“ von einem ein Kind gehalten wurde, war sehr rührend.

Amokläufe an den Schulen

Die Amokläufe in den USA nehmen immer mehr unglaubliche Dimensionen an. Kinder, Familien, besonnene Menschen zeigen diesen Morden zu Recht ihre Reaktion und organisieren Proteste, damit dagegen etwas unternommen wird.

Im vergangenen Februar hatte in Florida ein Amokläufer 17 Menschen getötet. Im Jahr 2012 wurden bei Amokläufen in Connecticut 26 und in Virginia 32 Studenten getötet. Dass in den USA jedes Jahr bei solchen Angriffen täglich  im Durchschnitt von 5 bis 19 Menschen getötet werden, kann man aus verschiedenen Quellen im Internet erfahren. Diese Quellen berichten auch darüber, dass die Morde an den US-Hochschulen doppelt so hoch wie an den anderen Hochschulen der Welt sind.  

Allgemein Morde in den USA

Eigentlich können die Amokläufe an den US-Hochschulen als eine Untergruppierung der weit verbreiteten bewaffneten Angriffe im Land gesehen werden. Es gibt vier Kategorien: Bewaffnete Angriffe und Konflikte, Unfälle mit einer Waffe, Selbstmorde, Massenangriffe. Gegenwärtig werden in den USA jeden Tag 92 Menschen durch einen bewaffneten Angriff getötet. Seit 1970 seien durch solche Morde etwa 1,5 Millionen Menschen ums Leben gekommen, was noch mehr Todesopfer für die USA als in den Kriegen bedeutet. Im Jahr 2017 wurden in Nevada 58 und im Jahre 2016 in Florida 49 Menschen getötet. Diese Morde werden mit dem weit verbreiteten Waffenbesitz der US-Amerikaner erklärt. Die Amerikaner machen 4,4 Prozent der Weltbevölkerung aus, doch sie besitzen 42 Prozent der weltweiten persönlichen Waffen.

31 Prozent der weltweiten Massenangriffe geschehen in den USA. Nach den USA kommt an zweiter Stelle Jemen mit dem meisten Waffenbesitz.

Allgemeine Kriminalitätsrate

In den USA ist die allgemeine Kriminalitätsrate vergleichen mit dem Rest der Welt sehr hoch. Laut Daten des FBI haben im Jahre 2016 in den USA 1 Million 195 Tausend 704 Menschen eine Straftat begangen. Es kamen 15.696 Menschen ums Leben, 75 Prozent dieser Morde geschah durch Schusswaffen. Im Jahr 2016 haben die US-Cops 1.152 Menschen getötet. Die meisten Vergewaltigungen in der Welt geschehen in den USA. Im Land seien innerhalb des vergangenen Jahres 90.185 Fälle registriert worden. 62 Prozent der Opfer sind unter 18 Jahren, 29 Prozent unter 11 Jahren  (http://www.milliyet.com.tr/abd-nin-korkunc-suc-istatistikleri-istanbul-yerelhaber-2501762/).

Sind es Morde gegen Freiheiten?

Wenn auch in den Medien übersehen, ist die hohe Kriminalitätsrate sehr hoch. Doch kommen wir zu unserem eigentlichen Thema, den Amokläufen an den Hochschulen zurück. Wenn in den USA die allgemeinen Morde und die Amokläufe betrachtet werden, sieht man, dass die Diskussionen allgemein über die Waffenbesitze geführt werden.

Es wird zum Ausdruck gebracht, dass der Waffenbesitz eines der grundlegendsten Rechte ist, die den US-Amerikanern in der Verfassung eingeräumt wird. Die USA sind eine unendliche Geographie. Ihre Geschichte ist voller Diskussionen sowohl mit den Indianern als auch mit sich selbst. Aus diesem Grund kann in so einem Land die Freiheit des Waffenbesitzes im gewissen Maβe annehmbar sein. Dass jedoch diese Diskussionen nur über die Freiheiten in der Verfassung geführt werden, ist außer den US-Amerikanern für den Rest der Welt nicht verständlich. Diese Diskussionen haben mehrere Dimensionen. In einem Land die Diskussionen, wo jedes Jahr tausende Menschen getötet werden, nur über die Freiheiten in der Verfassung zu führen, ist absurd. Doch daneben gibt es auch merkwürdige Vorschläge, wie die von US-Präsident Donald Trump, nämlich die Lehrer zu bewaffnen. So ein Vorschlag wurde in Florida im Landtag angenommen. Wie soll die Bewaffnung von Lehrern in einem Land, wo jedes Jahr an den Schulen mehrere Menschen getötet werden und sowieso fast alle bewaffnet sind, das Problem lösen? Soll den Lehrern noch bessere Waffen gegeben, damit sie die Angriffe an den Schulen verhindern können? Wenn in einem solchen Fall die Studenten sich noch bessere Waffen anschaffen, sollen dann die Lehrer nukleare Waffen kriegen?

Erwägen die USA das auf internationaler Ebene zwischen den Ländern geschaffene Wettrüsten, im Land auch zwischen den Lehrern und Schülern zu schaffen? Es ist unverständlich.

Was sollte man tun?

Wie es der spanische Schriftsteller Ortega Gasset sagt, materielle Zivilisation ist ein hartes Problem. Mit dem Wachstum, erhöht sich auch die Gefahr, mit der man konfrontiert ist. Man sollte die Diskussionen über die allgemeinen Morde und Amokläufe an den Schulen, nicht über Freiheiten und/oder Verbot von Waffen führen. Außer diesen gibt es auch andere Faktoren. In einigen Fällen  berichten die Mörder über soziale Medien ausführlich darüber, was sie machen und wie sie es machen werden. In diesem Sinne bedarf es unterschiedlicher Analysen. So ist die Meinung des US-amerikanischen Autors Adam Lankford von Bedeutung. Er begründet die Massenmorde mit der US-amerikanischen Waffenkultur und mit der Indoktrination der Studenten, dass sie überragend sind und machen können was sie wollen. Insbesondere Kinder, die nicht im familiären Umfeld aufwachsen und innerhalb der modernen Kultur sich abgeschottet fühlen, versuchen sich durch solche Fälle zu beweisen.

Die Massenmorde in den USA, die noch mehr Todesopfer als einige Kriege in anderen Ländern fordert, können nicht nur über Entwaffnung oder innerhalb der Freiheiten in der Verfassung diskutiert werden. Um die Massenmorde in den USA zu erklären, bedarf es soziologischer, psychologischer, pädagogischer, erzieherischer, pathologischer, kultureller Analysen. Diesen Analysen sollte auch der Bedarf an Immateriellem, was eine Wohlstandsgesellschaft zügeln kann, hinzugefügt werden. Worüber noch diskutiert werden sollte, ist, warum die US-Amerikaner es nötig haben, sich in dem Maβe zu bewaffnen.  Und ob dies eine Wiederspiegelung einer individuellen und gesellschaftlichen Sicherheitskrise ist.

Ich hoffe, dass die Proteste in den USA etwas bewirken. Denn das Recht auf Leben ist das Wichtigste.

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